Khadija Ismajilova

Statement Khadija Ismajilova

Ich bin eine aserbaidschanische Investigativ-Journalistin und ehemalige Radio-Moderatorin. Derzeit arbeite ich für das Organized Crime and Corruption Reporting Project. Meine Recherchen drehen sich meistens um Korruption von Staatsbeamten und Geschäftsmännern. 2015 wurde ich zu siebeneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt, aber ein Jahr später ordnete Aserbaidschans höchster Gerichtshof meine Freilassung auf Bewährung an.

Überwachung beunruhigt mich, sowohl von meinem Heimatland als auch ausländische Staaten – wie zum Beispiel Deutschland. In Aserbaidschan sind Anti-Terror-Gesetze sehr vage formuliert und werden gegen unabhängige Journalisten eingesetzt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass ich ein Überwachungsziel aserbaidschanischer Geheimdienste bin, die ihre Erkenntnisse auch mit anderen Diensten teilen. Jeder Geheimdienst, der hier Daten abgreifen will, muss mit der aserbaidschanischen Regierung kooperieren. Es gibt keine Garantie für mich, dass aserbaidschanische oder deutsche Überwachungsbehörden nicht missbraucht werden für sogenannte „legitime Zwecke“ und meine Privatsphäre aus politischen Motiven ausgehöhlt wird.

Ich weiß, wie sich das anfühlt, denn ich war bereits ein Opfer staatlicher Überwachung. 2012 wurde ich erpresst mit intimen Aufnahmen, die versteckte Kameras in meinem Schlafzimmer aufgenommen haben. Als wir das Video und meine Wohnung näher untersucht haben, haben wir herausgefunden, dass die Kameras über Kabel mit einem Verteilerkasten des staatlich kontrollierten Telekommunikations-Anbieters verbunden waren. Von dort ging es zu einer automatisierten Telefonanlage, die dem Staat gehört und gemäß den Anti-Terror-Gesetzen vollen Zugriff für das Ministerium für Nationale Sicherheit bieten muss. Diese Straftat wurde nie unabhängig untersucht und meine Klage ist nun beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anhängig.

Dies ist einer der Gründe, warum ich die Verfassungsbeschwerde gegen das neue BND-Gesetz unterstütze. Aufgrund dieses Gesetztes bin ich ein legitimes Ziel des Geheimdienstes und meine Kommunikation darf in internationalen Netzwerken geteilt werden. Das ist exakt, was investigative Journalisten am meisten fürchten. Wir müssen sicher sein können, dass unsere Kommunikation sicher ist.

Dank meiner Arbeit bin ich sowohl in meinem Heimatland wie auch im Ausland bekannt. Ich bin Mitglied des Organized Crime and Corrpution Reporting Project and und wurde 2017 mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet. Diese Bekanntheit hat positive und negative Seiten. Es gibt mächtige Personen in Aserbaidschan, die ihre Regierungsposition nutzen können, um sich für meine Storys zu rächen. Aber es gibt auch Menschen, die Details über Korruption preisgeben möchten. Diese Whistelbower müssen sicher sein, dass ihre Identität nicht bekannt wird.

Ich habe derzeit ein Reiseverbot und kann das Land nicht verlassen. Meine Recherchen sind allerdings grenzüberschreitend, weshalb auch meine Kommunikation international ist. Wie aber soll ich bei Überwachung die Sicherheit meiner Quellen gewährleisten? Manchmal erreichen mich Informationen von Menschen, die außerhalb Aserbaidschans leben, aber nicht die Staatsangehörigkeit ihres Landes haben, in dem sie sich aufhalten – zum Beispiel auch Deutschland. Solche Quellen sind essentiell für meine Arbeit, auch wenn sie natürlich um ihre Sicherheit besorgt sind, wenn sie Informationen leaken. Deshalb ist die geschützte Kommunikation so wichtig für Journalisten. Sie zu überwachen, gefährdet was Journalisten am meisten benötigen: Vertrauen.